
Die Suche nach dem Wesentlichen.
Was bleibt, wenn alles Äußere wegfällt? Wer bin ich – ohne Rollen, ohne Erwartungen? Ich atme. Ich spüre. Ich nehme wahr. Aber wo wohnt das, was wirklich zählt – Verbundenheit, Liebe, Glück?
Die Entdeckungsreise zu unserem inneren Wesenskern ist leise. Aber tief. Und leider selten bequem.
Wer bin ich?
Bin ich mein Name, mein Aussehen oder mein Beruf? Bin ich die Rollen, die ich in der Familie oder in der Gesellschaft spiele? Mutter. Ehemann. Unternehmerin. Kollege. Bin ich das, was andere von mir denken? Oder das, was ich selbst über mich denke? Und, wenn ja: Kann ich es verändern?
Wir durchleben unterschiedliche Lebensphasen, wechseln Arbeitsplätze, Orte, Beziehungen. Wir hinterfragen Bindungen, entdecken neue Seiten an uns – immer wieder. Noch nie war unsere Freiheit, uns zu wandeln, so groß wie heute. Und dennoch möchten wir uns in einer komplex gewordenen Welt auch einordnen können. Dahinter steckt ein Urbedürfnis: Sicherheit und Geborgenheit. Wir wollen gebraucht werden. Und dazugehören.
Ich bin viele.
„Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“
Eine Überlegung des deutschen Philosophen Richard David Precht. Und eine Frage, die mehr über unser Innenleben verrät als viele Antworten. Schon Sigmund Freud verfolgte diese Vorstellung mit den Begriffen „Es, Ich und Über-Ich“. Der Amerikaner Dr. Richard Schwartz spricht vom "Inneren Familiensystem" – einem Miteinander unterschiedlicher Persönlichkeitsanteile.
Wir sind auf der Suche nach unserer Essenz also nicht allein – sondern in guter Gesellschaft. Da ist die Zweiflerin. Der Mutige. Das innere Kind. Und vielleicht auch die Version von uns, die schon weiß, wie es gehen könnte. Jede Stimme in uns weiß etwas – wenn wir bereit sind, zuzuhören.
Und dann wohnen noch die beiden Wölfe aus der bekannten Indianergeschichte in uns: der gute Wolf, der für Freude, Liebe und Hoffnung steht. Und der böse Wolf, der voller Neid, Gier und Arroganz ist. Welcher stärker wird? Der, den wir füttern. Mit Gedanken und Taten.


Vielleicht ist das die Essenz: Wir tragen Vieles in uns – und sind nie nur eine Version. Doch um dieser Vielfalt zu begegnen, braucht es Mut. Und den Willen, eingefahrene Wege zu verlassen.
Das alltägliche Unterbrechen.
Wir bewegen uns im Spannungsfeld zwischen Veränderung und Beständigkeit. Heute zieht es uns hinaus ins Abenteuer – morgen zurück in den Schutz der eigenen vier Wände. Wir sind wandelbar. Aber unser wahres Wesen zeigt sich oft erst dann, wenn wir das Tempo drosseln und das Außen leiser drehen.
Wir finden keine Erklärungen für unser Sein, solange wir durchs Leben eilen, To-do-Listen abarbeiten und uns durch Reize verlieren. Die Lösung: Achtsamkeit – im Kleinen, im Alltäglichen. Das lehrt auch der Zen-Mönch Thich Nhat Hanh: Beim Zähneputzen, beim Griff zum Kühlschrank, vor dem Scrollen – innehalten. Einatmen. Ausatmen. Nur sein.
Je ruhiger wir werden, desto klarer blicken wir nach innen. Und desto deutlicher wird, was uns wirklich ausmacht.
Klarheit finden.
Unter dem Begriff „Sense of Coherence“ (Kohärenzgefühl) beschreibt der Soziologe Aaron Antonovsky drei Dinge, die wir brauchen, um mit uns in Einklang zu kommen:
1. Wir verstehen, was um uns geschieht.
2. Wir fühlen uns fähig, Herausforderungen zu meistern.
3. Und wir erkennen Sinn in dem, was wir tun.
Wer sich selbst ehrlich begegnet, erkennt nach und nach die eigene Wahrheit: Was hat mich geprägt und zu der Person gemacht, die ich heute bin? Wofür brennt mein Herz? Nach welchen Werten möchte ich leben?
Auch unsere Schatten dürfen Teil dieser Innenschau sein: Wie gehe ich mit Angst um? Was geschieht, wenn ich wütend bin? Welche Glaubenssätze halten mich davon ab, meine Träume zu verwirklichen?
Du bist kein Tropfen im Ozean.
Du bist ein gesamter Ozean
in einem Tropfen.
Du bist kein Tropfen im Ozean.
Du bist ein gesamter Ozean
in einem Tropfen.
Das Wesentliche erkennen.
Tanzen, Malen oder Gitarre spielen – was hat dich als Kind begeistert? Manchmal verlieren wir im Laufe des Lebens den Draht zu dem, was uns berührt und glücklich macht. Umgekehrt gibt es vielleicht auch eine liebgewonnene Beschäftigung, die schon immer Teil unseres Lebens war.
Wenn wir in so einer Tätigkeit versinken – und dabei Raum und Zeit vergessen – sind wir im Flow: ein Zustand von Leichtigkeit, wie ihn Glücksforscher Mihály Csíkszentmihályi beschreibt. Dann tritt der Verstand zurück. Und das Gefühl übernimmt. Es klingt plausibel, dass wir gerade in solchen Momenten unserer Essenz am nächsten sind.
Auch diese Frage bringt uns näher: Was bleibt, wenn wir gehen? Wer sich mit der eigenen Endlichkeit auseinandersetzt, erkennt oft klarer, was wichtig ist – und was Spuren hinterlässt.
Verbundenheit spüren.
Der Weg zum eigenen Selbst ist ein stiller Dialog mit unserem Inneren – und zugleich eine Begegnung mit anderen. Denn wir sind nicht nur Individuen, sondern auch Teil eines größeren Ganzen. Jede kleine Veränderung, die wir in uns möglich machen, wirkt über uns hinaus. Alles ist verbunden – in uns, um uns, miteinander.
Die Verbindung zu uns selbst und zur Welt, die uns umgibt – das ist die Essenz unseres Seins.












